Humboldt-Universität zu Berlin - Lebenswissen­schaftliche Fakultät - Institut für Psychologie

Forschung

Einfluss der Repräsentation von Wissen im Gedächtnis auf das Sprachverstehen

 

Leitung: Prof. Dr. Reinhard Beyer und Dr. Rebekka Gerlach

 

Ziel ist die experimentelle Untersuchung der Interaktion von sprachlich vermittelter Information und bereits bestehenden Vorwissensrepräsentationen des Lesers/Hörers beim Verstehen von Sprache (Wörter, Sätze, Texte). In den geplanten Experimenten erfolgt eine systematische Variation sowohl von Text- bzw. Satz- als auch von Lesereigenschaften (z.B. Kohärenz, Textstrukturen, Abstraktionsgrad bzw. Präsenz spezifischerer Vorwissensbereiche, Relevanz von Vorwissen, Lebensalter, Intelligenz) und die Analyse der Abhängigkeiten beider Merkmalsgruppen beim Aufbau einer internen Satz- oder Textrepräsentation. Von besonderem Interesse ist die Untersuchung und Klassifikation von Inferenzen beim Satz- und Textverstehen sowie die Betrachtung der Wechselwirkung von Emotion und Kognition bei der Ausbildung von Gedächtnisrepräsentationen. Eine wichtige theoretische Grundlage bildet die über viele Jahre durch Kintsch et a. entwickelte Konzeption zum Textverstehen und zur Repräsentation von semantischem Wissen. In den aktuell geplanten Untersuchungen soll der Einfluss der emotionalen Färbung von Wörtern auf das Verstehen von Sätzen und Texten untersucht werden.

 

 

Wahrnehmung von Sauberkeit im öffentlichen Raum und Strategien zu deren Verbesserung

 

Leitung: Prof. Dr. Reinhard Beyer, Prof. Dr. Elke van der Meer und Dr. Rebekka Gerlach

 

Häufig wird in der Bevölkerung die mangelnde Sauberkeit im öffentlichen Raum beklagt. Im Auftrag verschiedener Reinigungsunternehmen (z.B. der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR)) wurde deshalb im Zeitraum 2004-2018 untersucht, welche Merkmale von öffentlichen Plätzen und Straßen maßgeblich dazu führen, dass sie als verschmutzt wahrgenommen werden und inwiefern Littering (achtloses Wegwerfen) dazu beiträgt. In einer Langzeitstudie wurden derartige Verschmutzungsmerkmale identifiziert und deren unterschiedliche Relevanz in den letzten Jahren erfasst. Zusätzlich werden Ursachen von Litteringverhalten erkundet und Maßnahmen gegen dieses achtlose Wegwerfen von scheinbar kleinen Dingen abgeleitet. In insgesamt drei Feldstudien wurden die favorisierten Maßnahmen in Köln und Hamburg realisiert und evaluiert (z.B. eine auffälligere Gestaltung von Papierkörben, Einsatz von sog. Nudges (z.B. Fußspuren zum Papierkorb) und begleitende Plakatkampagnen der örtlichen Reinigungsunternehmen). Im Ergebnis konnten deutliche Verbesserungen der subjektiv wahrgenommenen Sauberkeit und eine objektive Verringerung des Litteringaufkommens nachgewiesen werden. Auf diese Weise konnten kontinuierlich Empfehlungen für die Reinigungsstrategien der Unternehmen abgeleitet und zum Teil auch in die Praxis umgesetzt werden. Einige dieser Maßnahmen werden in der Gestaltung und Platzierung der Berliner Papierkörbe sowie der Kampagnen der BSR täglich sichtbar. In den aktuellen Untersuchung wird geprüft, ob sich kulturelle Einflüsse auf die Wahrnehmung von Sauberkeit im öffentlichen Raum und das Litteringverhalten belegen lassen.

 

 

Interindividuelle Unterschiede und die Entwicklung von Multitasking über die Lebensspanne

 

Leitung: Dr. Veit Kubik

 

Multitasking spielt im Zeitalter der “digitalen Gesellschaft” eine zentrale Rolle in unserem privaten sowie beruflichen Alltag. Genauer betrachtet beschreibt Multitasking den Versuch, mehrere Aufgaben in einem begrenzten Zeitfenster zu bearbeiten. Wir interessieren uns dafür, wie Menschen in unterschiedlichen Phase der Lebensspanne diese Multitasking-Situationen lösen, welche Strategien sie anwenden und welche Fähigkeiten sie hierfür benötigen.

Ein erstes Ziel unserer Forschung ist es, interindividuelle Unterschiede in der Multitasking-Fähigkeit zu untersuchen und zu identifizieren welche verschiedenen kognitiven Faktoren (wie z.B. Arbeitsgedächtnis, exekutive Funktionen, fluide Intelligenz) hierbei relevant sind. Forschungsergebnisse aus unserer Arbeitsgruppe konnten zeigen, dass räumliche Fähigkeit eine zentrale Rolle spielen, verschiedene Aufgaben zeitlich zu überwachen und zu regulieren. Ein zweites Ziel ist es die Entwicklung von Multitasking querschnittlich in verschiedenen Altersgruppen zu untersuchen, d.h. sowohl in der mittleren Kindheit (im Alter von 6-12 Jahren) als auch im höheren Erwachsenenalter (im Alter von 50-80 Jahren). Dabei verwenden wir vielfältige Paradigmen: von einfachen Paradigmen zum Aufgabenwechsel und Aufgabenunterbrechungen bis hin zu komplexeren Mehrfachaufgaben. Um die Aufgabenanforderungen an die jeweiligen Altersgruppen anzupassen, haben wir altersgerechte Paradigmen entwickelt, welche die ProbandInnen an Touchscreens bearbeiten.

 

 

Multitasking-Forschung (Christina Reimer & Sebastian Kübler)

 

Bei der gleichzeitigen Bearbeitung von zwei oder mehreren Aufgaben (Multitasking) zeigen sich Leistungseinbußen im Vergleich zu Situationen, in denen dieselben Aufgaben separat bearbeitet werden. Diese Einbußen werden durch eine Kapazitätslimitation des kognitiven Systems erklärt: Die Teilprozesse bei der Aufgabenbearbeitung, die die Handlungsauswahl betreffen, können in der Regel nur seriell, d.h. nacheinander und nicht parallel, ablaufen. In diesem Zusammenhang untersuchen wir verschiedene Fragestellungen:

  • Unterliegen auch andere kognitive Prozesse, wie die visuelle Aufmerksamkeit, dieser Kapazitätslimitation? In einer Reihe von Experimenten konnten wir zeigen, dass die Auslenkung der visuellen Aufmerksamkeit zu einem Zielobjekt parallel zur Handlungsauswahl in einer anderen Aufgabe abläuft.
  • Welche zusätzlichen kognitiven Kontrollprozesse werden bei der Bearbeitung mehrerer Aufgaben notwendig, und wie werden diese neuronal implementiert? Arbeiten aus unserer Arbeitsgruppe zeigen, dass Planungs- und Regulationsprozesse der Bearbeitungsreihenfolge mehrerer Aufgaben zu den Leistungseinbußen in Multitasking-Situationen beitragen.
  • Lassen sich die oben genannten Leistungseinbußen durch Maßnahmen wie kognitives Training beeinflussen? Die Befunde aus mehreren Trainingsstudien unserer Gruppe sprechen dafür, dass Training die Leistung in Multitasking-Situation sowohl bei jüngeren als auch älteren Erwachsenen verbessert. Weiterhin konnten wir zeigen, dass bestimmte Trainingsmaßnahmen wie Arbeitsgedächtnistraining auch zu Verbesserungen in anderen kognitiven Bereichen führen können.

Zur Beantwortung dieser Fragen nutzen wir neben Verhaltensexperimenten auch neurowissenschaftliche Methoden wie die funktionelle Magnetresonanztomographie, die Elektroenzephalographie und non-invasive Stimulationsmethoden des Gehirns. Neben den Mitarbeitern unserer Arbeitsgruppe ist zudem Prof. Dr. Torsten Schubert (Allgemeine Psychologie, MLU Halle-Wittenberg) inhaltlich sehr stark in die verschiedenen Projekte des Schwerpunktes der Multitasking-Forschung involviert. Es besteht eine Vielzahl enger Kooperationen, beispielsweise mit Prof. Dr. Tilo Strobach (Allgemeine Psychologie, MS Hamburg).